World Usability Day 2016

Die ganze Welt feiert das Thema Benutzerfreundlichkeit – jedes Jahr aufs Neue und immer in der 2. Novemberwoche. Dann findet der World Usability Day (WUD) statt – ein weltweiter Aktionstag rund um das Thema Usability und User Experience.

In Hannover fand das Event dieses Jahr in den Räumlichkeiten von usability.de statt und viele Vertreter aus ganz unterschiedlichen Unternehmen, Netzwerken und Hochschulen folgten der Einladung an die Ihmeauen in Hannover Linden. Sie erlebten dort einen spannenden Tag rund um das Thema „Green User Experience“ und hatten in den Pausen ausreichend Zeit sich nicht nur mit kulinarischen sondern auch mit einem Usability-Quiz und den Ergebnissen des Usability-Fail-Wettbewerbs zu beschäftigen.

Impulsvortrag: Green (Sustainable) User Experience

„Was hat Usability mit Umweltschutz und Nachhaltigkeit zu tun?“ Die Antwort auf diese Frage lieferte Torsten Bartel von usability.de in einem kurzen Impulsvortrag. Nach einer kurzen Einführung in die Themen User Experience und Nachhaltigkeit (Sustainability) zeigte er anhand von konkreten Sustainability-Beispielen wie auch bei Benutzerschnittstellen und User Experience Design bewusst ein Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit gelegt werden kann: So kann z.B. beim Ausdrucken der Druck-Dialog die Nutzer darauf aufmerksam machen, dass die letzte auszudruckende Seite nur sehr wenig Text enthält und durch Skalierung komplett eingespart werden kann. Insgesamt geht es beim Thema Sustainable UX um die Frage, wie man nachhaltige Produkte erstellen kann, die erst durch das Digitale möglich werden.
green ux 2016

Usability zum Mitmachen

Nach diesem unterhaltsamen Vortrag konnten die Teilnehmer des World-Usability-Day sich von vier Sessions zwei aussuchen, die sie im Anschluss für jeweils eine Stunde besuchten, um an der jeweiligen Station Usability in ganz unterschiedlichen Ansätzen live zu erleben. Als durchgängiges Beispiel arbeiteten die Teilnehmer in allen Sessions am Themenkomplex Car Sharing.

Session: Personas

In der Persona-Session lernten die WUD-Teilnehmer kennen, wie man dafür sorgen kann, viel fokussierter an Produkten oder Services zu arbeiten und über Lösungen zu diskutieren, ohne an der Masse „aller“ Nutzer zu scheitern. Drei so genannte Personas wurde hierfür vorgestellt, also Darstellungen und Beschreibungen von Car-Sharing-Nutzern, die sich in wesentlichen Punkten voneinander unterscheiden: Während die Persona Laura zum Beispiel hauptsächlich am monetären Nutzen von Car Sharing interessiert ist, interessiert sich Ute am meisten für den Umweltaspekt.

In einer Übung versetzten sich die Session-Teilnehmer in jeweils eine der Personas und diskutierten entscheidende Fragen aus deren Sicht: „Also ich als Ute fände gut, wenn…“. So konnte jeder Teilnehmer einmal erleben, wie sich der Austausch verändert: Weg von „Ich glaube, unsere Nutzer brauchen diese Funktion…“ hin zu „Für Ute wäre es sehr vorteilhaft, wenn wir Ihr die Funktion anbieten.“
Ute, Laura und eine weitere Persona begleiteten die WUD-Teilnehmer noch weiter durch den Tag denn sie wurden – so wie das Car Sharing Beispiel – auch in den anderen drei Praxis-Sessions eingesetzt.
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Session: User Journey Mapping

In der Session „User Journey Mapping“ konnten die WUD-Teilnehmer unter Anleitung von drei Usability-Experten erleben und ausprobieren, wie eine User Journey Map erstellt und in Projekten eingesetzt wird. Hierfür gab es zunächst eine kurze Einführung mit Beispielen, Tips und Tricks aus der Praxis. In der sich anschließenden praktischen Übung arbeiteten die Teilnehmer dann in Gruppen ebenfalls am fiktiven Car Sharing Projekt und gingen der Frage nach: Was müssen wir bei der Konzeption unseres Services beachten, damit Nutzer eine überzeugende User Experience genießen können – und zwar geräteübergreifend und unabhängig von Abteilungsgrenzen im Unternehmen? Für den nötigen Fokus konnten die Gruppen aus den vorbereiteten Zielgruppenbeschreibungen (Personas) wählen. In nur 60 Minuten entstanden auf diese Weise drei sehr überzeugende Ergebnisse und eine gute Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen von User Journey Mapping.
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Session: Design Studio

Entgegen der Annahme einzelner Teilnehmer handelte es sich beim „Design Studio“ nicht um einen besonderen Raum für Designer, sondern um eine einfache aber effektive Methode, um für eine Problemstellung (Design Challenge) in kürzester Zeit aus einer Menge vieler Lösungsideen ein bis zwei solide Lösungsansätze zu generieren.

Anhand der Car-Sharing-Personas lernten die Teilnehmer drei Nutzer mit unterschiedlichen Wünschen kennen, für die es Lösungen zu entwickeln galt: Laura (23) etwa vermisste bei der Car Sharing Website eine übersichtliche Darstellung, wie viel sie bereits durch das Verleihen ihres Autos verdient hat. Ute (47) hingegen wünschte sich einen Überblick darüber, wie viel sie sie durch Car Sharing bereits zum Umweltschutz beitragen konnte. Anschließend führten die Session-Moderatorinnen durch die verschiedenen Phasen des Design Studio: Skizzieren – Präsentieren – Kritisieren – Iterieren. Entsprechend wurde gebrainstormt, gezeichnet, Lösungen vorgestellt, Feedback gegeben und Lösungen verfeinert. Erstaunt konnten die Session-Teilnehmer am Ende von nur 60 Minuten feststellen, wie sie in kürzester Zeit Papier Prototypen entwickelt hatten, auf die sie im Alleingang (wahrscheinlich) nicht gekommen wären.
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Session: Usability-Test

Als Usability-Interessierte kannten viele der WUD-Teilnehmer den Klassiker der Usability-Methoden bereits sehr gut. Und trotzdem konnten sie beim Ausprobieren in dieser Session noch entscheidendes dazulernen. Und das durch ein ganz einfaches Experiment. Der Arbeitsauftrag an die Session-Teilnehmer lautete: Beobachtet den Usability-Test und haltet Ergebnisse fest. Und Überraschung: Obwohl alle Session-Teilnehmer den gleichen Usability-Test mit dem gleichen Testkandidaten beobachteten, gab es große Unterschiede bei der individuellen Interpretation des Gesehenen: Während der/die eine nur 5 Usability-Probleme zu entdecken glaubte, waren es bei einem anderen Teilnehmer fast 10 Usability-Probleme. Und wie kann es sein, dass jemand ein Usability-Problem erkannt zu haben schien, das aber gar keines war? Hierzu entspann sich eine angeregte Diskussion mit den zwei Usability-Experten, die durch die Session leiteten.
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Usability Fail Contest und Usability-Quiz

Auch in den Pausen zwischen den Sessions konnten die WUD-Teilnehmer weitere Aspekte von Benutzerfreundlichkeit und User Experience ganz ohne Vorträge erleben: Ein Usability-Quiz war in verschiedenen Räumen und an den Tischen installiert. Kleine Kacheln boten hier auf der Vorderseite eine Frage oder eine Annahme, zu der sich jeder kurz Gedanken machen konnte, bevor er auf der Rückseite die teilweise erstaunliche richtige Erklärung erhielt.

Ebenfalls zwischen den interaktiven Sessions wurden die Gewinner des Usability-Fail-Contests gekürt. In den Monaten vor dem WUD gab es die Möglichkeit Usability-Probleme im Alltag zu fotografieren oder filmen und auf www.usabilityfail.org einzureichen. Die zehn besten Einreichungen wurden von Gesine Quint vorgestellt und gelangten zum WUD in den Lostopf. Aus diesen Top Ten Usability-Fails wurden dann die drei Gewinner öffentlich gelost. Je einen Armed Angels Gutschein (nachhaltige Kleidung) über 40 haben diese beiden Beiträge gewonnen: Ausfüllen eines Formulars und Kontraintuitiver Wasserhahn. Den Hauptgewinn hat schließlich die Datumsauswahl in der BVB-App der Berliner Verkehrsbetriebe gewonnen – ganz im Sinne des Oberthemas Green UX – ein Fairphone 2 (ein möglichst nachhaltig produziertes Smartphone, gesponsered von der Handy Deutschland GmbH) als Gewinn. Aber nicht nur die Gewinner sondern alle Beiträge waren wirklich sehr gut. Es lohnt sich, alle Einträge mal anzuschauen!

Fazit

Abgerundet wurde der erlebnisreiche Tag durch köstliche vegane Kuchen und Finger-Food Mahlzeiten des Hannoveraner Projekts Klugbeißer. Fazit hier: Benutzerfreundlich, da sehr einfach zu essen, und eine tolle User Experience durch Optik und Geschmack.
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Der World Usability 2016 in Hannover war ein sehr interessanter, lehrreicher und unterhaltsamer Tag und wir freuen uns schon auf das nächste Jahr.

Bis dahin vielleicht auf ein Treffen beim Usability Stammtisch Hannover.