World Usability Day 2012

Unter dem Motto „Innovative Interaktionskonzepte − alles wird einfacher?” fand in Hannover am 15. November bereits zum sechsten Mal der World Usability Day (WUD) statt. Organisiert wurde der Aktionstag von der Regionalgruppe Hannover des internationalen Berufsverbands der Usability Fachleute, der Usability Professionals’ Association (UPA) mit Unterstützung der Technischen Informationsbibliothek (TIB) und usability.de, einer hannoverschen Agentur für Usability und User Experience.

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Dieses Jahr konnte die Veranstaltung in den historischen Räumen des Marstallgebäudes der Technischen Informationsbibliothek (TIB) ausgerichtet werden. Unter dem Gewölbe der weltweit größten Spezialbibliothek für Technik und Naturwissenschaften begrüßten der Direktor der TIB, Uwe Rosemann, und stellvertretend für die UPA Regionalgruppe Hannover und usability.de, Torsten Bartel, die über 100 Besucher.

Blended Library – Neue Interaktionsformen für die Bibliothek der Zukunft

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Zum Auftakt hielt Prof. Dr. Harald Reiterer von der Universität Konstanz einen Vortrag unter dem Titel Blended Library – Neue Interaktionsformen für die Bibliothek der Zukunft, in dem er eindrucksvoll laufende praktische Studien zur Verknüpfung verschiedener Interaktionskonzepte bei der Recherche in wissenschaftlichen Bibliotheken schilderte. Hierbei sollten die Vorteile der Interaktion & Kooperation in der physikalischen Bibliothek mit den Vorteilen der Interaktion & Funktionalität digitaler Bibliotheken vermischt werden. Neben Multi-Touch-Tischen, Tablets und interaktiven Wänden standen auch physische Objekte im Vordergrund, wie etwa eine Art Cursor aus Holz, der auf dem Tisch bewegt werden kann, um so kollaboratives Arbeiten von Studenten zu erleichtern. Ganz im Sinne der Benutzerfreundlichkeit werden diese Visionen iterativ mit Zielgruppen überprüft. Mit einem PC und Internetanschluss werde man zukünftig keine Studierenden mehr in die Bibliothek locken können. Mit innovativen Lösungen, die darüber hinausgehen, hingegen schon, so eine These von Herrn Prof. Dr. Reiterer, die in der Anschlussdiskussion aufgenommen und vertieft wurde.

Innovative Interaktionskonzepte – alles neu und benutzerfreundlich?

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Torsten Bartel, Mitgründer und Geschäftsführer von usability.de, führte im zweiten Vortrag Innovative Interaktionskonzepte − alles neu und benutzerfreundlich? die Entwicklung von Benutzerschnittstellen vom PC über Smartphones, Tablets, Gesten-und Sprachsteuerung vor Augen. Es wurde deutlich, dass die Entwicklung von Schnittstellen zwischen Mensch und Computer zwar in den letzten 30 Jahren einen Sprung gemacht hat, aber dennoch einige Baustellen offen sind. Um Benutzerfreundlichkeit zu gewährleisten ist es unabdingbar die Nutzer bereits in der Entstehung eines Produktes mit einzubeziehen, um so nicht nur technisch machbares umzusetzen, sondern auch eine gute Bedienbarkeit durch die Nutzer zu gewährleisten.

Pause – Location Based Game Paketsammler und Eye Tracking

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Viele Besucher nutzten in der Pause die Gelegenheit, sich direkt mit einigen Beispielen für innovative Interaktion auseinanderzusetzen. So konnten sie etwa das Spiel Paketsammler ausprobieren, das die Macher vom mobile game lab (Hochschule Bremen) und out there! Communication extra für den WUD Hannover 2012 optimiert hatten. Im Gelände rund um das Marstallgebäude und die Universitätsbibliothek gab es virtuelle Pakete für Smartphones einzusammeln. Somit vermischte sich die reale Welt mit dem virtuellen Spielfeld und die App diente anschaulich als Beispiel für so genannte Location Based Games.

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Reges Interesse riefen auch der Informationsstand von usability.de zur Eye Tracking Technologie mit dem Spiel Asteroids, das ausschließlich per Augenbewegung gesteuert wird, und der Stand der Entwickler des Spiels Paketsammler hervor.

New ways of interaction: Die Freude an der Interaktion

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Nach der Pause ging der erste Vortrag New ways of interaction: Die Freude an der Interaktion von Jens Franke (Senior Interactive Developer, Autor & Lehrbeauftragter) auf Alternativen zum Touchdisplay ein. Herr Franke startete mit einer klaren Ansage: „Bei neuen Interaktionsformen lasse ich das Argument: ‚Das macht doch aber Firma xy auch so!’ nicht gelten.” Unsere Hände böten viel mehr als 2 Finger auf einer Glasfläche. Wir können fühlen, tasten, wischen, drücken etc. Warum nicht diese große Bandbreite an Interaktion – allein für Touch – auch nutzen, indem man Konzepte hierfür bietet? Der Frage nachgehend, ob Multitouch Displays die einzige und in jedem Kontext passende Wahl des Interfaces sind, stellte Jens Franke verschiedene Visionen und Entwürfe, wie etwa digitale verformbare Oberflächen, vor.

Natürlich realitätsbasiert − Interaktionsforschung am TZI

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Marc Herrlich und Dirk Wenig vom TZI Bremen zeigten in ihrem Vortrag zu Natürlich realitätsbasiert − Interaktionsforschung am TZI ihre Studien zu Natural User Interfaces mit der Generation 60+ und der durch Gestik unterstützten Animation von dreidimensionalen Objekten im Computer. Des Weiteren zeigten sie mobile Anwendungen, die Kartensichten auf Smartphones je nach Nutzungskontext automatisch verändern.

Interdisziplinäre Bedienkonzeptforschung bei Volkswagen

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Den spannenden Abschluss des WUD Hannover 2012 bildete der Vortrag Interdisziplinäre Bedienkonzeptforschung bei Volkswagen von Dr.-Ing. Michael Mischke (Konzernforschung/Bedienkonzepte und Fahrerinformationssysteme, Volkswagen), bei dem Einblicke in den Entstehungsprozess von Bedienkonzepten der verschiedenen Marken unter dem Dach des VW Konzerns gewährt wurden. Das Auto der Zukunft fährt alleine. Davon ist man bei VW überzeugt. Was aber macht der Fahrer, wenn er nicht mehr fährt? Und wann sollte der Fahrer doch wieder verantwortlich sein? Welche Effekte kann man mit Autos, die miteinander kommunizieren, erzeugen? Diesen und weiteren visionären Fragen geht Herr Dr.-Ing. Mischke mit seinem Team auf den Grund. Auch hier ist frühes Testen ein Paradigma geworden. Bevor lange Entwicklungszeiten von mitunter einem Jahr das Unternehmen belasten und dann Ergebnisse doch nicht umgesetzt werden, hat man bei Volkswagen verstanden, dass schon sehr früh angesetzte iterative Tests mit einfachen Papierprototypen die Projektarbeit vorantreiben. Fertige Interaktionskonzepte werden dann erst gegen Ende der Entwicklung im tatsächlichen Auto verbaut, das daraufhin komplett in einen speziellen Fahrsimulator gefahren werden kann.

Alle Redner und Organisatoren standen nach den Vorträgen für Rückfragen zur Verfügung und förderten den Austausch der Besucher untereinander. Das Interesse am Thema Usability und die Partizipation am WUD Hannover 2012 zeigen, wie sehr Usability als erfolgsentscheidender Faktor beachtet wird.

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Wir danken allen Beteiligten und Anwesenden für einen gelungenen Aktionstag und freuen uns auf die Fortsetzung der neu geknüpften Kontakte bei dem UX-Stammtisch, wo ohne Büroatmosphäre und Termindruck die persönlichen Erfahrungen zum Thema Usability ausgetauscht werden können. Gespannt erwarten wir auch im kommenden Jahr 2013 den World Usability Day.

 

Download der Vorträge und weitere Informationen